Demokratie im Unternehmen – Utopie oder Zukunftsmodell?

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Business Unusual mit Unternehmensdemokratie

In unserem Business Unusual Forum www.businessunusualforum.de vom 22. September 2017 haben wir besonderen Fokus auf agile, weitgehend selbstorganisierte Unternehmen gelegt. In diesem Sinne durften wir auf dem Forum den Ausführungen des Referenten Stephan Grabmeier, dem „Chief Innovation Evangelist“ des HRM Softwareanbieters Haufe Umantis folgen, der uns sein außerordentlich demokratisches Unternehmen vorgestellt hat. Schon auf dem Business Unusual Forum 2016 wurden die Zuhörer mit dem Thema Unternehmensdemokratie konfrontiert. Dr. Andreas Zeuch, bekennender Unternehmensdemokrat und Organisationsberater, hatte einige erfolgreiche, aber auch gescheiterte Beispiele von Unternehmensdemokratie präsentiert. Zu den erfolgreichen gehörte Haufe Umantis. Warum und wie dieses Unternehmen mit einer besonderen Organisationsform so gut funktioniert, konnte uns Stephan Grabmeier in der vorletzten Woche eindrucksvoll in seinem Vortrag und in dem „deeper dive“ vermitteln.

 

Alle Macht für Niemand?

Ist Demokratie in Unternehmen heute ein probates Mittel zur strategischen Entwicklung? Ist diese Form der Entscheidungsfindung wirklich zielführend, schnell genug und ausreichend dynamisch? Oder ist das in der westlichen Industriekultur etablierte patriarchische System auch in der Wissensgesellschaft immer noch die beste Form, ein Unternehmen auf Kurs zu halten? Dr. Andreas Zeuch hat dies in seinem Buch „Alle Macht für Niemand“ näher beleuchtet und die konkrete Umsetzung in einigen Unternehmen genauer betrachtet. Dabei hat er den polarisierenden Begriff der Demokratie, der zu Vergleichen mit langwierigen und zermürbenden politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozessen verführt, im Sinne der Mitarbeiterpartizipation strukturiert. Er definiert die Demokratisierungsintensität von Unternehmen in den Dimensionen Partizipationsgrad, Partizipationsreichweite und Partizipationsfrequenz. Der Partizipationsgrad kann von keiner Partizipation über Information, Konsultation, Mitbestimmung bis zur Selbstbestimmung gehen. Bei der Partizipationsreichweite können operative, taktische oder strategische Fragen demokratisch behandelt werden. Und bzgl. der Frequenz kann Partizipation nie, selten, häufig oder kontinuierlich erfolgen. Aus diesen drei grundsätzlichen Dimensionen können Unternehmen ihren Demokratisierungsgrad gestalten. Dabei kann es z.B. um Entscheidungen wie z.B. die Entscheidung über eine Fusion oder um die Wahl von Führungskräften gehen.   

 

Unternehmensdemokratie bei Haufe Umantis

Haufe Umantis ist auf der Skala von Dr. Andreas Zeuch sehr weit entwickelt. Die Fusion des Unternehmens Umantis mit der Haufe Gruppe wurde durch eine Abstimmung der Mitarbeiter legitimiert. Auch ist es bei Haufe Umantis gelebte Praxis, dass jedes Jahr die Führungskräfte neu gewählt bzw. bestätigt werden. Dabei sind die Rollen der Führungskräfte nicht vergleichbar mit den klassischen hierarchischen Rollen der Bereichs-, Abteilungs- und Gruppenleiter. Stattdessen geht es bei Haufe Umantis um die Besetzung der Rollen „Product Owner“, „Product Intrapreneur“, „Scrum Master“, „People Coach“ aber auch „Team Lead“, „Manager“, „Leader“, „People Officer“, „CFO“ und „CEO“. Ein pyramidenartiges Organigramm habe ich bei Haufe Umantis nicht gefunden. Dieses Unternehmen stellt seine Verantwortungsbereiche in sich überschneidenden Kreisen mit den Schwerpunkten „Market“, „Product“, „Customer“ und „Company“ dar. Stephan Grabmeier hat glaubhaft dargestellt, dass der weitgehende Grad der Demokratisierung bei Haufe Umantis ein wichtiger Bestandteil des Unternehmenserfolges ist und dass dies nach vielen positiven und einigen wenigen negativen Erfahrungen das passende Organisationsmodell für dieses Unternehmen ist.    

 

Mein Fazit

Unternehmensdemokratie ist keine Garantie für Erfolg. Die Erfolgsstory von Haufe Umantis ist sicher auf viele Unternehmen nicht übertragbar, insbesondere wenn der „mind set“ im Unternehmen nicht dazu passt. Eine übereilte Unternehmensdemokratisierung birgt sogar die Gefahr der Orientierungslosigkeit und der Verschwammlichung von wichtigen Entscheidungsprozessen. Auf der anderen Seite halte ich persönlich viel von einer systematischen Steigerung der Partizipation von Mitarbeitern. Zum einen brauchen Unternehmen das Wissen der Vielen und zum anderen stärkt es die Verbundenheit der Mitarbeiter zum Unternehmen, wenn sie die Entwicklung spürbar mitgestalten. Auf dem Weg zu einem passenden Partizipationsgrad hilft die Orientierung an agilen Organisationsgrundsätzen sehr. Daher „experimentiere“ ich weiter gemeinsam mit allen Mitarbeitern, die sich einbringen möchten, auf dem Weg zu einem weitgehend selbstorganisierten und erfolgreichen Unternehmen. Haufe Umantis liefert mir dazu einige nützliche „best practices“. Danke, Stephan Grabmeier.    

Andreas Zeuch

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