Mit Unternehmenszielen spielt man nicht

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... und was, wenn doch?

„Gamification“ ist in aller Munde. Sowohl an der Kundenschnittstelle, bei der Stärkung interner Wartungsarbeiten wie auch insbesondere beim Recruiting. Spielerischer Wettbewerb spornt Menschen zu Höchstleistungen an und hilft dabei, außerordentliche Fähigkeiten zu erkennen. Taugen diese Prinzipien aber auch für die Unternehmenssteuerung nach Kennzahlen? Genau das hat mir die von mir sehr geschätzte Bestsellerautorin und Strategieexpertin Dr. Kerstin Friedrich vor einigen Monaten eindringlich empfohlen. Sie hatte im vergangenen Jahr das von dem US-Amerikaner Jack Stack entwickelte „GREAT GAME OF BUSINESS“ ausführlich kennen gelernt und hatte sich daraufhin entschieden, diese außergewöhnliche Methode der spielerischen, agilen, partizipativen und sehr wirkungsvollen Unternehmenssteuerung in Deutschland zu verbreiten. Das hat mich sehr neugierig gemacht. Im ersten Schritte hatte ich mir damals das passende Buch von Jack Stack „The Great Game of Business“ auf die Ohren gesetzt und im zweiten Schritt habe ich jetzt in der vergangenen Woche den Nutzen dieser Methode bei einem anwendenden Unternehmen erleben dürfen.

GoGreat!

Das, was in den USA als „GREAT GAME OF BUSINESS“ schon lange etabliert ist, hat Dr. Kerstin Friedrich gemeinsam mit Ihrem Geschäftspartner Timo Kaapke unter der Bezeichnung „GoGREAT“ www.gogreat.de jetzt für deutsche Unternehmen adaptiert. Timo Kaapke ist Inhaber einer mittelständischen Marketingagentur und wendet für sein Unternehmen „GoGREAT“ selbstverständlich im Eigenversuch erfolgreich an. Davon konnte ich mich vor Ort live überzeugen. Das Spielfeld für „GoGreat“ aufzubauen ist recht einfach. Es beginnt mit einem Trainingsspiel. Alle (ja, wirklich alle) Mitarbeiter des Unternehmens sammeln die internen Prozesse, die am schlechtestes funktionieren oder die einfach nur nerven. Aus dieser Sammlung wird demokratisch der Prozess ausgewählt, den man nun spielerisch verbessern möchte. Hierfür werden dann vom Team die Voraussetzungen identifiziert und mit Kennzahlen versehen. Schließlich wird auch noch in drei Stufen definiert, bei welcher Summe erreichter Kennzahlen der Prozess als erfolgreich verbessert gewertet werden kann. Hierbei gibt es drei Verbesserungsstufen und zu jeder Stufe gibt es kleine Belohnungen. Die Kennzahlen und das Verbesserungsbarometer sollten dabei physisch und für alle offensichtlich, z.B. in Form einer Röhre, die mit Murmeln gefüllt wird, zu sehen sein. Dieses Trainingsspiel macht im allgemeinen viel Spaß und dient dazu, dass alle Mitarbeiter diese Methode erleben und insbesondere in der Abschlussanalyse die Auswirkungen der Prozessverbesserung auf die Unternehmensleistung verstehen können. Üblicherweise absolvieren Unternehmen, die „GoGREAT“ etablieren, eine Reihe von Trainingsspielen, bevor die wichtigsten Unternehmenskennzahlen und die Gesamtunternehmensleistung mit der gleichen Methode in den Fokus genommen werden.        

Balanced Scorecard, aber bitte partizipativ, spielerisch und agil

Unternehmenssteuerung mit Kennzahlen klingt nach Balanced Scorecard. Und tatsächlich ist der „GoGREAT“ Ansatz, wie ich ihn verstanden habe, der Idee der Balanced Scorecard recht nahe. Was sich jedoch deutlich unterscheidet ist offensichtlich, dass die Prozesse und Kennzahlen stark partizipativ festgelegt werden. Dabei tastet man sich gemeinsam durch viel Probieren und Lernen an die Ursache-Wirkungszusammenhänge heran, bis die wirklich entscheidenden Prozesse und Kennzahlen identifiziert wurden. Dass diese dann mit hoher Transparenz und spielerischer Begeisterung angestrebt werden, erhöht die Verbundenheit aller Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Zielen. Unternehmenssteuerung wird zu einem wichtigen gemeinschaftlichen spielerischen Wettbewerb. Alle Mitarbeiter kennen den Spielstand und jeder weiß um seinen Beitrag. Dass diese Form der Unternehmenssteuerung hochgradig agil ist, versteht sich von selbst, denn bei „GoGREAT“ ist ein kurzwelliger Analyse- und Lernprozess von entscheidender Bedeutung.    

Lernen durch Erfahrungsaustausch mit gleichgesinnten Spielern

Die Einführung einer Unternehmenssteuerung nach „GoGREAT“ unterscheidet sich von vielen anderen Organisationsprojekten. „GoGreat“ wird grundsätzlich in Gruppen von 18 Menschen aus 6 Unternehmen geschult und trainiert. Die unternehmensübergreifenden Trainingscamps finden in einer festen regionalen Gemeinschaft im 8-Wochen-Rhythmus statt und dauern in der ersten Stufe ein Jahr. Dabei steht einerseits die handwerkliche Schulung der Methode auf der Agenda, andererseits aber auch ganz besonders der gegenseitige Erfahrungsaustausch beim Anwenden der Methode, d.h. bei dem Design der unternehmensspezifischen Businessspiele und dem Lernen aus dessen Anwendung.  

Vertrauenskultur und Agilität ist Voraussetzung

Mit der Anwendung der Great Place to Work Prinzipien Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist können Unternehmen eine Kultur des Vertrauens und der Verbundenheit schaffen. Darüber hinaus führen agile Prinzipien wie Selbstorganisation, Dezentralität, Hierarchieabbau, Zieldynamisierung, Partizipation, Transparenz, kurze Feed-Back-Schleifen u.v.m. dazu, dass eine hohe Dynamik im Unternehmen entstehen kann. Vertrauenskultur und Agilität – beides ist aus meiner Sicht zwingende Voraussetzung, den „GoGREAT“ Ansatz erfolgreich einzuführen und damit dem Aspekt Leistungsorientierung spielerisch das notwendige Gewicht zu geben. „GoGREAT“ ist damit für mich ein wichtiger Bestandteil Teil eines „Great Place to Work“, damit Vertrauens- und Leistungskultur ausgewogen sind und zu einem für alle werthaltigen Unternehmen beizutragen.

Jack Stack

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