„Make or Buy“ in der IT-Sourcing-Strategie für internationales Handelsunternehmen - flexibel und doch aus einem Guss

// IT-Outsourcing, IT-Strategie

noventum consulting begleitet ein führendes Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels bei der Weiterentwicklung seines internationalen Sourcing-Prozesses

Auch in zentral gelenkten internationalen Konzernen gibt es über die Jahre immer wieder nationale oder auch lokale Entwicklungen, die einer einheitlichen Vorgehensweise zuwiderlaufen. Solche Entwicklungen sind oft pragmatisch und gut, oft sind sie einfach nur teuer. Besonders in Bereichen, die von technischen Entwicklungen vorangetrieben werden, ist eine solche „Verwilderung“ nicht ungewöhnlich. In diesem Sinne ist auch IT-Sourcing in Konzernen manchmal unübersichtlich.

Die Strategie- und Sourcing-Berater von noventum consulting haben einem führenden international agierenden Unternehmen des Groß- und Einzelhandels geholfen, seine IT-Sourcing- Landschaft neu zu strukturieren. Ein abgewogenes System von zentraler Führung und zentralem Service einerseits sowie nationaler und lokaler Eigenständigkeit andererseits erlaubt es dem Konzern heute, Qualität und Kosten im Griff zu behalten. Für zukünftige Entwicklungen der IT-Sourcing-Welt ist er heute strategisch sicher aufgestellt.

Konzernorganisation bietet IT-Services an – Länderorganisationen können frei wählen

Das Handelsunternehmen verfügt über eine Muttergesellschaft und ein Filialsystem des Lebensmitteleinzel­handels in ganz Europa und darüber hinaus. Jede der Länderorganisationen kauft zentrale IT-Services bei dem hauseigenen IT-Dienstleister ein, ist jedoch auch frei, dedizierte IT-Services eigenständig zu beziehen. Hierbei nutzt jedes Land seine bisherigen Erfahrungen und vertrauten Lieferanten.

Die zentrale Abteilung „Sourcing“ in der Muttergesellschaft, Auftraggeber der noventum-Berater, sieht sich als zukünftiger interner Dienstleister der Länderorganisationen rund um alle Belange des „Sourcing“. Sie möchte diese bei ihren Vorhaben, IT-Services extern erbringen zu lassen, unterstützen. Ferner möchte sie selber IT-Leistungen zentral ausschreiben. Damit wird den Länderorganisationen die Möglichkeit gegeben, eine standardisierte Leistung ohne großen Eigenaufwand einzukaufen.

noventum unterstützte die zentrale Abteilung „Sourcing“ bei der Umsetzung folgender Aktivitäten:

  • Definition eines Sourcing-Prozesses
  • Erarbeitung einer Partnerdatenbank
  • Entwicklung von standardisierten Ausschreibungsunterlagen
  • Entwicklung von Schulungsunterlagen

Die Sourcing-Strategie deckt sowohl Leistungen für Services in den Einzelhandelsfilialen und den regionalen Verteilzentren (Lager) ab, als auch Leistungen, die in den Headquarters der Länder benötigt werden.

 

 

„Make or Buy“ – die entscheidende Frage der Sourcing-Strategie

Ein Ziel des noventum-Beratungsprojektes war die Erarbeitung einer Sourcing-Strategie. Ein wesentlicher Aspekt für diese Strategie ist, anhand von Make-or-buy-Kriterien eine Policy zu definieren, die Entscheidern künftig erlaubt, individuell aber nach einheitlichen Kriterien ihre Einzelentscheidungen für Eigenbetrieb (Make) oder Fremdbetrieb (Buy) von IT-Services zu fällen.

Im ersten Schritt wurden die Ziele definiert und priorisiert, die eine Sourcing-Entscheidung zukünftig erfüllen müssen.

 

Prio Ziel
1 Servicequalität verbessern
1 Kerngeschäft stärken
1 Schnelligkeit erhöhen
2 Kompetenznetzwerk errichten
2 Flexibilität erhöhen
2 Wirtschaftlichkeit sichern
3 Mitarbeiter motivieren
3 Risiken managen
3  Partner aufbauen


Zielhierarchie „Sourcing“

 

 

Das Unternehmen hat aktuell ein globales Organisationsmodell implementiert, welches die Struktur der Leistungen, die pro Land in den IT-Organisationen erbracht werden, strukturiert. Es ist in vier Bereiche einteilt:

 

Globales Organisationsmodell

Parameter für eine länderspezifische Make-or-Buy-Entscheidung

Aus dem Modell ergeben sich erste Kriterien für eine Make-or-Buy-Entscheidung. Im zukünftigen Sourcing-Modell soll ein Fremdbetrieb verstärkt für die Phasen Deliver und Run angestrebt werden. Das betrifft vor allem Commodity-Leistungen (Housing, Hosting), d.h. austauschbare Standardleistungen, die bei vielen Lieferanten in vergleichbarer Qualität zu beziehen sind und wenig Unternehmens-Know-how benötigen.

In einigen Länderorganisationen ist es sinnvoll, Make-or-Buy-Entscheidungen ggf. durch andere zusätzliche Kriterien zu bewerten. Hierbei erfolgt eine Analyse/Entscheidung anhand

  • eines Schichtenmodells mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten von Serviceleistungen,
  • der Geschäftskritikalität von Serviceobjekten und Serviceleistungen,
  • der Sourcing-Reife,
  • der vorhandenen Personaldecke und des Know-how
  • des aktuellen oder zukünftigen Servicekatalogs.

 

Make-or-Buy-Entscheidung anhand eines Schichtenmodells

Ein Schichtenmodell strukturiert die Leistungen von der Vergabe von Commodity-Leistungen (Housing des Data Centers, Hosting Server, SAN, Hardware), bis hin zu Application Management/Application Outsourcing, welches einen höheren Grad an unternehmensspezifischem Know-how benötigt. Man spricht hier von einem vertikalen Leistungsschnitt, wenn bei der Vergabe z.B. der Application-Management-Schicht auch die darunterliegenden Leistungen extern mit vergeben werden. Der horizontale Leistungsschnitt wird nur eine einzelne Schicht extern vergeben.

Make-or-Buy-Entscheidungskriterium: Schichtenmodell
Make-or-Buy-Entscheidungskriterium: Schichtenmodell

Make-or-Buy-Entscheidung auf Basis der Geschäftskritikalität

Diese Frage wird dann relevant, wenn der Kunde einerseits Services/Anwendungen mit hoher Geschäftskritikalität vorweist, die Möglichkeit einer „angemessenen“ Absicherung im Eigenbetrieb aber nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist.

Für die Definition einer „angemessenen“ Absicherung sind folgende Aspekte zu beleuchten:

  • Können Verfügbarkeitsanforderungen an den geschäftskritischen Betrieb eines oder mehrerer Services/Anwendungen im internen Betrieb erfüllt werden? Werden Anforderungen an die Servicequalität erfüllt im Hinblick auf

    • den betriebssicheren Rechenzentrumsbetrieb,
    • die Architektur der Infrastruktur,
    • die Betriebsleistungen der interne Mitarbeiter,
    • die Prozesse der Betriebsleistungen?

  • Sind Investitionen zur möglichen Erhöhung der Servicequalität/Verfügbarkeit möglich/gewünscht?
Make-or-Buy-Entscheidungskriterium: Geschäftskritikalität

 

Service / Anwendung Geschäfts- kritikalität Aktuelle Bereitstellung Auswirkungen Zielbild "Betrieb"
Mail Mittel Eigenbetrieb Reife der IT-Prozesse und benötigte Infrastruktur decken Anforderungen ab bleibt Eigenbetrieb
SAP Basis Hoch Fremdbetrieb Sourcing Vertrag deckt hohe Anforderungen der Geschäftskritikalität im Betrieb ab bleibt Fremdbetrieb
Kassensystem Hoch Eigenbetrieb Aktuelle Reife der IT-Prozesse und Infrastruktur kann der Geschäftskritikalität nicht Rechnung tragen, Investitionsvolumen für Abdeckung im Eigenbetrieb zu hoch Auslagerung in den Fremdbetrieb
HR-Management Niedrig Eigenbetrieb Reife der IT-Prozesse und RZ-Infrastruktur decken Anforderung ab bleibt Eigenbetrieb
Terminal Services Hoch Eigenbetrieb Aktuelle Reife der IT-Prozesse und Infrastruktur kann der Geschäftskritikalität nicht Rechnung tragen, Investitionsvolumen für Abdeckung im Eigenbetrieb zu hoch Auslagerung in den Fremdbetrieb


Make-or-Buy-Entscheidungskriterium: Geschäftskritikalität

Make-or-Buy-Entscheidung auf Basis der Reife der Service-Management-Prozesse

Auch die Ausprägung, Reife, Nachhaltigkeit und Wirksamkeit bestehender IT-Service-Management- Prozesse kann darüber entscheiden, ob ein Eigen- oder Fremdbetrieb von Serviceleistungen sinnvoll ist. Die Entscheidung zugunsten eines möglichen Fremdbetriebs von Serviceleistungen bedingt in der internen Serviceerbringung Anpassungen in der Ablauf- und Aufbauorganisation, um zukünftig steuernde Schnittstellen zu den externen Dienstleistern bereitzustellen. Inwiefern die Organisation aktuell über den dafür notwendigen Reifegrad verfügt, wird beleuchtet, indem anhand eines Fragenkataloges der aktuelle Stand der Servicebereitstellung erhoben wird.

Relevante Fragestellungen sind hierbei:

  • Wie stark ausgeprägt ist die generelle Nutzung von IT-Service-Management-Prozessen?
  • Wie ist die Ausprägung/Reife/Nachhaltigkeit/Wirksamkeit einzelner notwendiger IT-Service- Management-Prozesse aktuell?
  • Welche Aufwände sind nötig, um die Qualität der Servicebereitstellung gemäß der Anforderungen zu ändern und stehen sie im direkten Nutzen zu einer veränderten Bereitstellung?
  • Sind Investitionen zur möglichen Erhöhung der Servicequalität möglich/gewünscht?

 

Make-or-Buy-Entscheidungskriterium „Reifegrad“ der aktuellen Servicebereitstellung
  Fragen zur Bewertung einer Sourcing-Strategie     Antwort
Thema Sourcing Ziele Wichtung
( 1 - 5 )
Wertung
Prozesse Die Service Prozesse Incident-, Change- und Configuration-Mgmt. sind angemessen implementiert  3 trifft überwiegend zu
  Die Service Prozesse Problem-, Release- Availability- und Continuity-Mgmt. sind angemessen implementiert  3 trifft überwiegend zu
  Die Service Prozesse Service Level-, Availability-, Continuity-  und Capacity-Mgmt. sind angemessen implementiert  3 trifft überwiegend zu
  Es gibt für alle Service Prozesse ausreichend Managementunterstützung, Budget und Ressourcen 3 trifft überwiegend zu
  Es werden geeignete Tools eingesetzt, um die Service Prozesse zu unterstützen 3 trifft überwiegend zu
  Die Mitarbeiter sind in den jeweiligen Prozessen angemessen ausgebildet 3 trifft überwiegend zu
  Das Unternehmen hat für alle Prozesse entsprechende Ziele definiert und überprüft diese 3 trifft überwiegend zu
  Es gibt zwischen den Service Prozessen definierte Schnittstellen, die regelmäßig überprüft werden 3 trifft überwiegend zu
  Es werden regelmäßig Standardreports zu den Service Prozesse erzeugt und ausgewertet 3 trifft überwiegend zu
Incident Mgmt. Es gibt Verfahren um alle Störungsfälle zu erfassen und zu verwalten 3 trifft überwiegend zu
  Es ist üblich, die Auswirkungen von Störungen durch schnelle Lösungen und Workarounds zu reduzieren 3 trifft überwiegend zu
  Ein Service Desk bewertet und klassifiziert die Störungen, bevor er sie an einen Spezialisten weiterleitet 3 trifft überwiegend zu
  Es wird der Grad der Kundenzufriedenheit regelmäßig erfasst 3 trifft überwiegend zu
  Es gibt einen Single Point of Contact für alle Anwender, der gemeldete Störungsfälle bearbeitet und  koordiniert 3 trifft überwiegend zu
  Die IT versorgt  Anwender mit Informationen zur Verfügbarkeit eines Service und gibt unaufgefordert Störungsinformationen  3 trifft überwiegend nicht zu
  Der IT steht eine Datenbank mit Dokumentation von allen Produkten, Hardware, Software und Referenz Material für die von Kunden genutzten Systeme zur Verfügung 3 trifft überwiegend zu
Problem Mrmt. Es gibt Verfahren zur Registrierung, Analyse und Lösung von Problemen 3 trifft überwiegend nicht zu
  Es gibt ein Verfahren, um bedeutende, wiederkehrende und ungelöste Störungen und die zugrunde liegenden Probleme zu identifizieren 3 trifft nicht zu
  Es gibt ein Verfahren mit dem mögliche Probleme nach Kategorie, Dringlichkeit, Priorität und Auswirkungen klassifiziert werden können 3 trifft nicht zu
Change Mgmt. Es werden Aktivitäten des Change Managements durchgeführt, z. B. Dokumentation von Änderungsanforderungen, Bewertung, Planung und Implementations­-Review von Änderungen 3 trifft überwiegend zu
  Es gibt ein Verfahren nach dem Änderungsanforderungen (RfC) gestellt und bearbeitet werden 3 trifft überwiegend zu
  Es gibt Verfahren für die Freigabe, Prüfung und Planung von Änderungen 3 trifft überwiegend zu
  Es werden die fachlichen und technischen Auswirkungen von Changes beurteilt 3 trifft überwiegend zu
  Es werden Changes zentral oder durch gemeinsame Vereinbarungen geplant und priorisiert 3 trifft überwiegend zu


Make-or-Buy-Entscheidungskriterium „Reifegrad“ der aktuellen Servicebereitstellung

Make-or-Buy-Entscheidung auf Basis personeller Ressourcen und des fachlichen Know-how der internen Mitarbeiter

Relevante Fragestellungen sind hierbei:

  • Sind ausreichend interne Mitarbeiter für die Erfüllung der Anforderungen aus der Zielhierarchie „Sourcing“ verfügbar?
  • Reichen das fachliche Know-how und die Erfahrungen der internen Mitarbeiter für die Erfüllung der Anforderungen?
  • Ist die Erfüllung der Anforderungen im Eigenbetrieb durch konkrete Rahmenbedingungen verhindert oder deutlich erschwert (z.B. ein 7x24-Stunden-Betrieb)?
  • Können Know-how/bzw. Kernkompetenzen der internen Mitarbeiter durch externe Leistungen ohne Einbußen ersetzt werden (Buy), oder sind die nötigen Kenntnisse so unternehmensspezifisch, dass sie als Alleinstellungsmerkmal des Mitarbeiters/Teams bewertet werden müssen (Make)?
  • Ist die interne Leistungserbringung kostengünstiger oder spielen qualitative Aspekte eine größere Rolle?

 

„Make or buy“-Entscheidungskriterium: Fachbereiche, Personalstärke, Kernkompetenzen

Kernkompetenzen

Abteilung

Anzahl FTE

Schwäche (1) vs Stärke (10)

VIP Service

5

5

Betrieb Datenbanken

4

8

Fachprojekte

3

4

Incident/Problem

9

3

Groupware/File/AD

6

7

Betreuung Betriebssystem

6

9

Betrieb Datacenter

4

10

Betrieb Netze, Firewall

5

3

Phys. LAN

5

3


Make-or-Buy-Entscheidungskriterium: Fachbereiche, Personalstärke, Kernkompetenzen

Make-or-Buy-Entscheidung anhand des aktuellen oder zukünftigen Service­katalogs

Das Sourcing des Kunden kann hier einzelne oder alle Dienstleistungen innerhalb der Bereiche (z.B. alle Leistungen des Filialservices) vergeben. Die Bewertung erfolgt in der Regel nach Einzelbewertung der Services oder in einem fachlichen Cluster und schließt auch Aspekte personeller Ressourcen und des fachlichen Know-how mit ein. Die Bewertung einzelner Leistungen des Servicekatalogs kann erfolgen anhand der Fragen:

  • Ist der Service weiterhin strategisch, weiterhin notwendig?
  • Gibt es Redundanzen in der Leistungserbringung?
  • Ist der Service eine standardisierte Leistung oder sehr spezifisch?
  • Wie ist die Qualität der Leistungserbringung?
  • Wie ist die Quantität der Leistungserbringung?
  • Ist die Leistungserbringung effizient/effektiv?
„Make or buy“-Entscheidungskriterium: Servicekatalog

Eine flexible Sourcing-Strategie braucht strenge Maßstäbe und große Spielräume.

Aus jedem Entscheidungskriterium ergeben sich für die Filialen Empfehlungen für den Eigen-, bzw. Fremdbetrieb, die gewichtet, gewertet und analysiert werden. Hinsichtlich der Sourcing-Entscheidung ist es für die Entscheider nun möglich, anhand der erhaltenen Ergebnisse zu hinterfragen, wie sehr diese die Zielhierarchie „Sourcing“ unterstützen und somit Ableitungen für strategische Entscheidungen zu treffen. Messbare Ergebnisse ermöglichen nachvollziehbare Handlungsoptionen, welche die Entscheidungsfindung transparent unterstützen können. Aber auch subjektiv getroffene Entscheidungen gegen „auf der Hand“ liegende messbare Ergebnisse sind valide, wenn sie bewusst getroffen werden und somit Ausnahmen darstellen.

 

noventum consulting

Judith Wagener

Management Consultant

 

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