Generation Z – Rolle rückwärts?

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Erforschung einer neuen Generation

Vor einigen Tagen durfte ich auf Einladung der Westfälischen Nachrichten an dem Kompetenzforum Personal teilnehmen, welches zwei Mal im Jahr die Personalleiter der Region zusammentrommelt, um brennende oder spannende Themen aus der Praxis zu diskutieren. Dieses Mal ging es um die Erwartungen der Generation Z (GenZ) an ihre Arbeitgeber. Hierzu gaben uns der GenY Absolvent Benjamin Adamaschek gemeinsam mit seinem GenX Professor Farid Vatanparast Einblick in die Erkenntnisse seiner Masterarbeit zur GenZ, der Generation, die nach dem Jahr 1995 geboren wurde und die seit kurzem beginnt, den Arbeitsmarkt zu erobern. Die Erwartungen der Nachkriegsgeneration, der GenX und der GenY sind mir bzgl. der Erwartungen an den Arbeitsplatz recht vertraut, mit GenZ hatte ich bis dato nur in Form der Begleitung meiner eigenen Kinder engeren Kontakt. Allerdings sehe ich die starre Definition der Erwartungen der oben genannten Generationen kritisch. Schließlich treffen diese Muster nur auf einen großen Teil (60%?) zu, bei weitem aber nicht auf alle. Außerdem existieren nach meinen Erfahrungen spezifische Unternehmenskulturen, die auf die typischen Eigenschaften und Erwartungen der Nachkriegsgeneration oder der GenX oder der GenY oder jetzt der GenZ ausgerichtet sind. Dort arbeiten dann große Teile der Belegschaft nach einem dieser Muster, und zwar unabhängig vom Geburtsjahr.

 

Was erwarten die GenZ-ties?

Im Vortrag von Prof. Farid Vatanparast und Benjamin Adamaschek wurden die Erwartungen der GenZ an ihre Arbeitgeber auf Basis einer wissenschaftlichen Erhebung dargestellt. Die wesentlichen Punkte sind dabei:

  • Sicherer Arbeitsplatz (68%)
  • Karrieremöglichkeiten (65%)
  • Weiterbildungsangebote (62%)
  • Ruf des Unternehmens (60%)
  • Moderne Arbeitsbedingungen (50%)
  • Gute externe Arbeitgeberbewertung (39%)
  • Größe des Unternehmens (24%)
  • Bekanntheit des Unternehmens (23%)
  • Arbeitgebersiegel (21%)

Auf der anderen sind die wesentlichen Gründe, warum GenZ Mitarbeiter ihre Arbeitgeber verlassen, die folgenden:

  • Kein gutes Team (77%)
  • Schlechter Vorgesetzter (68%)
  • Keine sinnvolle Tätigkeit (60%)
  • Keine Karrieremöglichkeiten (55%)
  • Zu viel Arbeit, zu wenig Freizeit (54%)
  • Keine Anerkennung (53%)
  • Schlechte Arbeitsplatzausstattung (52%)
  • Keine Gehaltssteigerungen (47%)
  • Keine fachliche Weiterbildung (45%)
  • Aufgabenbereich nicht klar definiert (33%)

Einige der Erwartungen wirken dabei für mich eher wie eine Rückkehr zu den Vorstellungen der Nachkriegsgeneration, z.B. die Suche nach dem sicheren Arbeitsplatz, das Streben nach klassischer Karriere, aber auch der Wunsch nach festen Strukturen, klaren Aufgabendefinitionen und nach Work-Life-Separation. Wie bitte? Work-Life-Separation? Kamen wir nicht von der strikten Trennung zwischen Privatem (der schöne Teil des Lebens) und Beruf (der blöde Teil des Lebens) über die Work-Life-Balance bis hin zur Work-Life-Integration, wo die Trennung zwischen der harten Arbeit und der süßen Freizeit kaum noch festzustellen ist. Ich dachte, wir sind auf dem Weg zu einem insgesamt erfüllten Leben, das Berufliches und Privates in einem selbstverantworteten Ausgleich verbindet. Ja, ich verstehe und akzeptiere, dass Mitarbeiter selbst entscheiden wollen, wie sehr ihr Privatleben vom Arbeitgeber mit dienstlichen Ansprüchen vermengt wird. An eine Rückkehr zur 9-2-5 Mentalität, zu starren Hierarchien, zu unflexiblen Aufgabenbeschreibungen will ich jedoch nicht glauben. Was die Masterarbeit von Benjamin Adamaschek und mein Bild der Erwartungen von Mitarbeitern eint, ist in jedem Fall die Suche nach einer erfüllenden, sinnhaften Aufgabe und Tätigkeit, nach Wertschätzung und nach anspruchsvollen, persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten sowie eine freundschaftliche Teamatmosphäre und ein fördernder Vorgesetzter.   

 

Was heißt das für die Personalarbeit?

Jede Generation ist durch klischeehaften Verhaltens- und Erwartungsmuster definiert. Vieles davon ist hochgradig relevant, sofern man ein attraktiver Arbeitgeber sein möchte. Und die Erwartungen der Generationen bewegen sich oft zwischen Extremen, z.B.

  • feste Strukturen vs. hohe Flexibilität
  • klare Ansage vs. maximale Selbstorganisation
  • definierte Arbeitszeiten und -orte vs. Vertrauensarbeitszeit und -ort
  • Trennung Berufs- und Privatleben vs. den ganzen Menschen sehen
  • Klassische Karriere vs. agile Führung

Es wird wohl nicht gelingen, ein Unternehmen auf alle Extreme auszurichten. Als Arbeitgeber kann man es nicht allen Recht machen und „everybodys darling“ sein. Ich glaube jedoch, dass Führungskräfte und insbesondere HR-Verantwortliche lernen müssen, mit der Vielfalt der Erwartungen umzugehen und darauf zu achten, dass Menschen in dem für sie passenden Umfeld eingesetzt werden. Wichtig ist auch, beim „recruiting“ die Antennen auf die generationstypischen Erwartungen auszurichten und zu prüfen, ob diese im Unternehmen zu erfüllen sind. Aber Vorsicht: das Geburtsjahr des Bewerbers oder Mitarbeiters liefert einen Hinweis auf ein wahrscheinliches (60%) Erwartungsmuster, ist aber kein sicherer Beleg. Es lohnt sich, genauer hinzusehen.

 

Qualifighting

Das Kompetenzcenter der Westfälischen Nachrichten fand übrigens im Boxzentrum von Prof. Farid Vatanparast statt. Nach seiner Karriere als erfolgreicher Profiboxer konzentrierte sich Farid auf eine Tätigkeit als Boxtrainer für Kinder und Jugendliche aus prekären Verhältnissen. Die Besonderheit seines Trainings war seine Erwartung, dass seine Schüler erst einmal gute schulische Leistungen abliefern, bevor sie trainieren dürfen. Dieser simple und gleichzeitig hocheffektive Anreiz hat dazu geführt, dass sehr viele Kinder und Jugendliche, die „null Bock“ auf Schule hatten, schließlich doch sehr gute Abschlüsse und einen guten Start in das Arbeitsleben vorweisen konnten. Farid nennt sein Konzept Qualifighting und hat darüber seine Promotion geschrieben. Heute besteht das Boxzentrum sowohl aus einer in Deutschland führenden Trainingsanlage wie auch aus einem schulbegleitendem Nachhilfecenter, in dem überwiegend Ehrenamtliche als Nachhilfelehrer fungieren, damit die Schüler ihre schulischen Ziele erreichen und sich damit für das Boxtraining qualifizieren. Ein großartiges Konzept und eine beispielhafte Umsetzung, finde ich, siehe auch hier http://farids-qualifighting.de/

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