Mit den Superkräften von Objectives und KeyResults eine Kultur der Orientierung schaffen

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Zu den wichtigsten Elementen eines erfolgreichen, selbstorganisierten Unternehmens gehört eine gute Orientierung für alle Mitarbeiter. Und zwar sowohl die Orientierung an der Unternehmensvision, an der Mission und an den zentralen Unternehmenszielen im Sinne von „purpose“ als auch die Orientierung am „aktuellen Spielstand“, d.h. der aktuellen Teilzielerreichung. Erst durch eine klare Orientierung bzgl. der Ausrichtung und des Status Quo entsteht aus Autonomie eine gebündelte Energie zum Nutzen der Organisation. Erst dadurch wird der Wertbeitrag eines jeden Einzelnen erlebbar und fördert damit die intrinsische Motivation. Die Herausforderung ist nun, diese Orientierungspunkte so zu gestalten, dass sie für sehr viele Mitarbeitende sowohl attraktiv als auch verständlich sein müssen. Sonst wirken sie nicht. Die alten Orientierungssysteme bzw. Managementsysteme haben diese Funktion oft nur unzureichend erfüllt.

Wir selbst bei noventum haben uns auch seit Mitte der 90er Jahre schon mit Orientierungssystemen, damals nannten wir sie Managementsysteme, beschäftigt. Es war uns ein großes Anliegen, klare Ziele, durchdachte Prozesse und gute Überwachungssysteme zu haben. So haben wir mit ISO 9002, ISO 9001, Balanced Scorecard und EFQM experimentiert. Diese Systeme hatten zu ihrer Zeit ihren Nutzen bzw. Daseinsberechtigung. Doch in einer zunehmend selbstorganisierten Welt bieten sie nicht die Orientierung, die notwendig ist. Aus unserer Sicht sind sie zu kompliziert, zu aufwändig und zu wenig verständlich. Wir haben sie inzwischen alle wieder abgeschaltet. Fragmente sind selbstverständlich erhalten geblieben und damit steuern wir uns recht ordentlich, aber mehr auch nicht. Das ist mir zu wenig, insbesondere wenn ich mehr Selbstorganisation und mehr Dynamik fördern möchte. Und offensichtlich ist die Orientierung auch den Mitarbeitenden ein großes Anliegen. In unserer letzten Mitarbeiterbefragung durch das Great Place to Work ® Institut wurde die These „Wir haben klare Vorstellungen von den Zielen und wie wir sie erreichen können“ mit nur 75% Zustimmung bestätigt. Das mag für Durchschnittsunternehmen ein grandioser Wert sein, für unseren Anspruch ist das aber deutlich zu wenig, zumal die meisten anderen Thesen bzgl. der Unternehmensführung und -kultur bei uns Zustimmungsraten von über 90% haben.

Als Heilsbringer für das Management ist mir immer wieder das System Objectives and Key Results (OKR) aufgefallen. Die aus den USA stammende Methode hatte schließlich amerikanischen Unternehmen wie Google, Intel, LinkedIn, Adobe wie auch deutschen Firmen, z.B. Zalando, my muesli oder FlixBus, fantastische Wachstumsraten beschert. Die Managementmethode OKR verspricht die Förderung von Fokus, Transparenz, häufige Nachjustierung, gemeinsame Ausrichtung und Motivation. Klingt agil. Und hat mich neugierig gemacht, so dass ich mir das Hörbuch des OKR Evangelisten John Doerr laufend auf die Ohren gesetzt habe. Das Buch hat meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. Der Autor hat zwar im Sinne von Storytelling die Potenziale dieses Systems aufgezeigt und immer wird die Bedeutung einer dazu passenden Unternehmenskultur hervorgehoben, eine methodische Anleitung habe ich jedoch vergeblich in seinen Büchern gesucht. Im nächsten Schritt habe ich mich dann an die Wissenschaft gewandt und zwar an den Lehrstuhl für Controlling und Unternehmenssteuerung der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster. Der Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Martin Artz hatte sofort sein Interesse bekundet, für diese zukunftsträchtige Controllingmethode eine(n) Masterstudenten/in zu suchen und ist auch schnell fündig geworden. Es hat uns sehr gefreut, dass Jennifer Chang sich dann auch für uns entscheiden hat und ihre Masterarbeit unter dem Titel „Company’s readiness for OKR: Empirical validation of OKR implementation at noventum consulting“, geschrieben hat.

 

Im Kern der Arbeit stand die Überprüfung der „OKR Readiness“ von noventum, um auf dieser Basis sowohl die konsequente Anwendung von OKRs vorzubereiten, aber auch um OKR-Wissen für Beratungsprojekte aufzubauen. In vielen Kundenprojekten rund um die Entwicklung von Unternehmenskultur stellen wir fest, dass ein Mangel an Orientierung oft die Ursache für einen geringen Grad an Selbstorganisation und Verantwortungsübernahme ist – OKR kann hier schnell und wirksam helfen und dabei wollen wir in Zukunft unterstützen.

Für OKR-Novizen hier in wenigen Sätzen eine Einführung in die Methode zu finden: Im ersten Schritt ist es von hoher Relevanz, eine klare und attraktive Vision, Mission und Strategie Gesamtunternehmensebene zu haben. Wie diese zu entwickeln ist, dazu lässt sich OKR nicht aus, aber sie muss da sein. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich viel von einer partizipativen Leitbildentwicklung halte, damit diese Fixsterne tatsächlich die intrinsische Motivation vieler Mitarbeitenden fördern können. Im Folgenden geht es darum, einige wenige qualitative Ziele, d.h. „Objectives“, die aus Vision, Mission und Strategie abgeleitet sind, zu formulieren und zwar präzise, inspirierend und herausfordernd. Zu jedem der wenigen (!) „Objectives“ gilt es nun, quantitative Schlüsselergebnisse „Key Results“ für kurze Zyklen zu definieren. Sie sind ergebnisorientiert und geben die operativen Aktivitäten zur Erreichung der „Objectives“ vor. Wichtig ist an dieser Stelle: Fokus! Es geht nicht darum, mit OKR-Methoden alle Kennzahlen des Unternehmens zu managen, sondern sich auf ganz wenige „Objectives“ und ganz wenige „Key Results“ zu begrenzen, um dadurch eine Konzentration zu erhalten. Das ist schon fast das ganze Geheimnis.

Damit OKRs erfolgreich etabliert werden können und ihre Wirkung entfalten können, müssen einige Prinzipien beachtet werden. Diese werden auch SUPERKRÄFTE genannt. Und hier hat die Masterarbeit von Jennifer Chang angesetzt. Sie hat mit einem umfassenden Fragebogen für alle Mitarbeitenden überprüft, wie ausgeprägt die OKR-Superkräfte bei noventum sind. Die Superkräfte sind in vier Gruppen strukturiert:

Gruppe 1: Focus and Commit to Priorities

  • Identifizierung und Priorisierung von strategisch wichtigen Zielen (Maximal 5 O‘s pro Zyklus)
  • Kurze Zielhorizonte von 3 Monaten
  • Orientierung in Trade-off Situation
  • Vermeidung der „Set it, forget it“ – Mentalität

Gruppe 2: Align and Connect for Teamwork

  • Zielformulierung in Kooperation mit Mitarbeitern (60% der Zielvorschläge von Mitarbeitern)
  • Förderung des Mitarbeiterengagements und Identifizierung mit Unternehmen
  • Offenlegung aller Ziele und Zielerreichungsgrade vom Manager bis zum Praktikanten
  • Abteilungsübergreifende Abstimmung der Ziele

Gruppe 3: Track for Accountability

  • Objektives Bewertungsverfahren (Bewertungsskala 0 bis 1)
  • Stetige Überprüfung der Ziele mit Mission und Strategie des Unternehmens
  • Förderung der Selbstkontrolle und autonomes Arbeiten
  • Feedback und Selbstbewertung

Gruppe 4: Stretch for Amazing

  • Festlegung ambitionierter Ziele
  • Keine Verknüpfung zu Bonus, Vergütung und Beförderungen
  • Etablierung einer Fehlerkultur
  • Basis zum Lernen und Weiterentwickeln

Als Ergebnis wurde in einem Spinnennetzdiagramm dargestellt, wie weit unsere Arbeitsweisen und Haltungen im Unternehmen schon zu OKR passen.

Die grüne Linie symbolisiert den in unserer Umgebung erstrebenswerten Zustand, den Soll-Zustand, wohingegen die blaue Linie den Ist-Zustand repräsentiert. Dabei fällt auf, dass das Delta sehr gering ist. Mit anderen Worten: Wir sind weitgehend „OKR-Ready“.

Bei der Implementierung im Unternehmen wie auch in Kundenprojekten nutzen wir die kompetente Unterstützung von Martin Krumbein von onTarget www.beontarget.de.

Wir glauben, dass „Objectives“ and „Key Results“ ein wichtiger Baustein für Orientierung und Verantwortungsübernahme in einer agilen Welt sind und damit auch für erfolgreiche Selbstorganisation. Einen Einblick in Jennifer Changs' Masterarbeit geben wir gerne und freuen uns auf eine Diskussion dazu.

Und jetzt wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute zum neuen Jahr!

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